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Staatsanwaltschaft beantragt Freiheitsstrafen gegen zwei frühere Vorstände der Porsche Automobil Holding SE sowie Geldbußen in Millionenhöhe

Datum: 18.02.2016

Kurzbeschreibung: Im Verfahren gegen zwei frühere Vorstände der Porsche Automobil Holding SE (im Folgenden: Porsche SE) vor dem Landgericht - Große Wirtschaftsstrafkammer - Stuttgart hat die Staatsanwaltschaft am 18.02.2016 in ihren Schlussanträgen gegen die beiden Angeklagten Freiheitsstrafen von 2 Jahren und 6 Monaten bzw. von 2 Jahren und 3 Monaten sowie Bußgelder von jeweils einer Million Euro beantragt. Gegen die Porsche SE hat die Staatsanwaltschaft außerdem die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 807 Millionen Euro beantragt.

Die Porsche SE hatte im Jahr 2008 versucht, die Volkswagen AG zu übernehmen. In mehreren von den beiden Angeklagten namens der Porsche SE abgegebenen Pressemitteilungen und Erklärungen vor dem 26.10.2008 wurde diese Übernahmeabsicht noch dementiert. In einer Pressemeldung vom 26.10.2008 gab die Porsche SE schließlich bekannt, dass nur noch maximal 5,7 % der VW-Stammaktien frei handelbar seien. Darüber hinaus wurde in dieser Mitteilung der Eindruck erweckt, dass die Porsche SE im Rahmen ihrer Übernahmepläne bzgl. der Volkswagen AG eine gesicherte Position habe und von der Kursentwicklung der VW-Aktie unabhängig sei. 

 

Die Staatsanwaltschaft geht nach Abschluss der Beweisaufnahme davon aus, dass die Pressemeldungen der Porsche SE aus der Zeit vor dem 26.10.2008 unrichtig waren, weil die Angeklagten sich spätestens am 03.03.2008 zur Übernahme der Volkswagen AG entschlossen hatten. Dass die Porsche SE dies in mehreren Meldungen dennoch dementierte, war nach der Überzeugung der Staatsanwaltschaft geeignet, auf den Börsenpreis der VW-Stammaktie einzuwirken.

 

Im Hinblick auf die Pressemeldung vom 26.10.2008 hat die Beweisaufnahme aus Sicht der Staatsanwaltschaft ergeben, dass frei verfügbare Liquidität der Porsche SE bereits am 24.10.2008 nicht mehr vorhanden war. Außerdem steht fest, dass die Optionsgeschäfte der Porsche SE in der Woche vor der Pressemeldung wegen der sinkenden Aktienkurse zu Verlusten in Höhe von 7 Milliarden Euro geführt hatten und dass - selbst bei stabilen Kursen bis zum Ende der Folgewoche - weitere Verluste in der Größenordnung von 7 Milliarden Euro absehbar waren. Bei weiter sinkenden Kursen hätten sogar weit höhere Verluste gedroht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Porsche SE alleine steigende Kurse aus dem Verlustszenario heraushelfen konnten, und dass die Angeklagten mit ihrer Meldung vom 26.10.2008 genau deshalb wieder steigende Kurse herbeiführen wollten.

 

Hinsichtlich der Pressemeldungen vor dem 26.10.2008 hat die Staatsanwaltschaft auf eine Ordnungswidrigkeit plädiert. Voraussetzung für eine Strafbarkeit wäre gewesen, dass die unrichtigen Meldungen auch tatsächlich auf den Marktpreis der VW-Stammaktie eingewirkt hätten. Der Sachverständige konnte hierzu aber keine Aussage treffen. Die Staatsanwaltschaft hat daher für die beiden Angeklagten und auch gegen die Porsche SE jeweils den für die Ordnungswidrigkeit nach dem Wertpapierhandelsgesetz höchstmöglichen Bußgeldbetrag in Höhe von 1 Million Euro beantragt.

 

Im Hinblick auf die Pressemeldung vom 26.10.2008 sieht die einschlägige Strafnorm des Wertpapierhandelsgesetzes Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Die Staatsanwaltschaft hat vor diesem Hintergrund gegen die Angeklagten Freiheitsstrafen von 2 Jahren und 6 Monaten bzw. von 2 Jahren und 3 Monaten beantragt. Bei diesem Antrag fällt maßgeblich ins Gewicht, dass es nach der Überzeugung der Staatsanwaltschaft die Meldung vom 26.10.2008  war, welche die Kursexplosion der VW-Stammaktie von 210 Euro auf bis zu 1.000 Euro am 28.10.2008 auslöste, es sich also um die erfolgreiche Manipulation eines DAX-Wertes handelt. Gegen die Porsche SE hat die Staatsanwaltschaft wegen der Meldung vom 26.10.2008 außerdem die Verhängung einer weiteren Geldbuße von 806 Millionen Euro beantragt. Davon entspricht nach Auffassung der Ankläger ein Teilbetrag von 805 Millionen Euro dem wirtschaftlichen Vorteil, den die Porsche SE aus der Tat erlangt hat, indem die Angeklagten zuerst den Kurs der VW-Stammaktie in die Höhe getrieben und anschließend einen Teil ihrer Optionsgeschäfte zu den erhöhten Kursen aufgelöst haben.   

Im weiteren Verfahren werden nun am 25.02.2016 die Plädoyers der Verteidigung erwartet. Das Urteil wird die 13. Kammer des Landgerichts Stuttgart voraussichtlich  am 04.03.2016 verkünden.  

 

(Ansprechpartner: Staatsanwalt Holzner, Tel. 0711/921-4400)

 

Ergänzende Hinweise:

 

§ 38 Abs. 2 WpHG:

[Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe] wird bestraft, wer eine in § 39 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 11 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht und dadurch auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments oder auf den Preis eines Finanzinstruments an einem organisierten Markt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einwirkt.

 

§ 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG:

Ordnungswidrig handelt, wer

2. entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, auch in Verbindung mit Abs. 4, oder einer Rechtsverordnung nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 3, eine Täuschungshandlung vornimmt,

 

§ 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

11.  entgegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, auch in Verbindung mit Abs. 4, oder einer Rechtsverordnung nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1, eine Angabe macht oder einen Umstand verschweigt,

 

§ 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 3 WpHG:

Es ist verboten,

1. unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Finanzinstruments erheblich sind, oder solche Umstände entgegen bestehenden Rechtsvorschriften zu verschweigen, wenn die Angaben oder das Verschweigen geeignet sind, auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments oder auf den Preis eines Finanzinstruments an einem organisierten Markt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einzuwirken,

3. sonstige Täuschungshandlungen vorzunehmen, die geeignet sind, auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments oder auf den Preis eines Finanzinstruments an einem organisierten Markt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einzuwirken.

 

 

 

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